Herstellung eines Anlaufrades für eine Standuhr

 

Das Werk hat 4 Pfeiler und 2 Vollplatinen 15x15cm aus Eisen, mit eingeschmiedeten Messinglagern.

Es hat ein Rechenschlagwerk mit Stundenschlag auf eine Glocke, ein Halbstundenschlag ist nicht vorgesehen.

Der Antrieb erfolgt klassisch über zwei Walzenräder mit Gewichten an loser Rolle, die auf Katzendarm laufen.

Als Hemmung ist der solide Massivankergang ausgeführt. Zusätzlich verfügt das Werk noch über eine Pendelverlängerung nach oben. Es ist auf dieser Verlängerung ein Stern oberhalb der "12" befestigt, er ragt aus dem Zifferblatt und wiegt im Pendelschlag hin und her...

 

Die Bruchstelle

Das Anlaufrad ist gebrochen... Es muss vor längerer Zeit im Bereich der ursprünglichen Bohrung für den Anlaufstift gebrochen sein und ist dann mit Zinn gelötet worden...  2 Zähne weiter ist dann ein neuer Stift in den Radkranz gesetzt worden.

Wenn der Schlag der Uhr beendet wird, fängt ein Hebel vom Schlagwerk diesen Stift vom Anlaufrad ein und blockiert das weitere Laufen des Schlages.

Man kann sich leicht vorstellen, welche Kraft bei diesem Vorgang jeweils auf dieses Anlaufrad mit dem Stift einwirkt. Diese Lötung ist nun wieder gebrochen. Da im Bereich der Bruchstelle nur sehr wenig Material vorhanden ist, kann man durch nochmaligen löten der Bruchstelle keine dauerhafte Haldbarkeit erwarten.

Beim Löten mit Zinn haben sich auch eine Menge Flussmittel in die Poren des Materials abgesetzt. Dadurch ist ein haltbareres Hartlöten nicht mehr möglich.

Die einzige vernünftige und vor allem dauerhafte Lösung ist hier der Ersatz des Anlaufrades.      Diese Arbeit möchten wir hier einmal vorstellen:

Für die einzelnen Arbeitsabschnitte ist jeweils eine Fotostrecke mit Erläuterungen eingestellt. Mit einem Doppelklicke auf das erste Bild wird die Strecke geöffnet, im obersten Drittel am Bildrand kann man vor/zurück klicken...

Viel Spaß!

Das Rad fräsen

Das Rad wird vermessen und der passende Fräser ausgesucht...
Mit dem Eingriffszirkel wird das Zusammenspiel von altem Trieb und neuem Rad überprüft...
Die Aufnahme wird aus der Maschine ausgespannt und der Rohling an einem Motor mit Messingürste provisorisch entgratet...
Erleichterung! Die Zahnung ist gleichmäßig geschnitten...
Dann würden die beiden Zähne ungleich breit sein und mehr als eine Stunde Arbeitszeit auf das Konto "Erfahrung" gebucht...
Ein spannender Moment: Die letzte Zahnlücke wird geschnitten... Sollte sich das Werkzeug oder der Rohling sich etwas versetzt haben?!?
Es folgt nun die Freißarbeit: Mit der Teilscheibe im Hintergrund kann man Schritt für Schritt den Rohling um jeweils eine Teilung für einen Zahn weiter versetzen und dann mit dem Fräser die nächste Zahnlücke fräsen...
Um die exakte Schnitttiefe einzustellen fräst man drei Zahnlücken in das Material und dann wird der Fräser Stück um Stück zugestellt und wiederholt durch die Zahnlücken geführt, bis die Phasen auf den Zahnspitzen verschwunden sind und die gewünschte Zahnkopfform sich gebildet hat...
Nun wird der Radfräser in der Fräsmaschine auf passender Höhe eingestellt...
Anschließend wird der Rohling auf einer Maschienenaufnahme aufgespannt und auf das nötige Außenmaß des Rades gedreht...
und ein Loch auf passende Größe der Aufnahme gebohrt...
Der Rohling wird in das Vierbackenfutter der Drehbank eingespannt, zentriert...
Auf einem geeigneten Stück Messingblech wird der Rohling angerissen und anschließend ausgesägt...
Geschafft, der Eingriff läuft ordentlich durch...
 

 

 

Eine neue Radscheibe ist hergestellt. Im nächsten Arbeitsschritt muss vorsichtig das alte Rad von der Welle entfernt werden...

 

 

 

Das alte Rad von der Welle nehmen

Das Rad wird in die Drehbank eingespannt und ein geeigneter Stichel zum ausdrehen eingespannt...
Die Vernietung wird abgedreht...
Die Spannzange wird etwas gelöst und als Gegenlager genutzt...
Und die Welle mit dem Reitstock herausgepresst...
Nun ist das Rad von der Welle herunter...

 

 

Jetzt muss der alte Butzen von der Welle geholt werden. Häufig ist der Butzen mit etwas Zinn auf die Welle aufgelötet, auch in unserem Fall ist deutlich Zinn am Butzen zu erkennen!

 

 

 

Der alte Butzen wir abgenommen

Der Butzen zeigt deutliche Spuren von Zinn, er ist also aufgelötet...
Die Welle wird in der Drehbank eingespannt und erwärmt...
Mit einer Zange wird der Butzen von der Welle gezogen und die Überraschung ist da....

 

Vor Überraschungen ist man beim Restaurieren von alten Uhren nie sicher: Hier war die Welle gebrochen und ein pfiffiger Kollege hat den Butzen als "Schiene" benutzt... das war vorher nicht zu sehen!

Ein neuer Butzen muss gedreht werden, die nötigen Maße werden ermittelt und eine kleine Skizze dazu gemacht....

 

 

 

Die Butzenherstellung

Der Rohling wird auf Außendurchmesser gebracht...
Zentriert und gebohrt...
Die letzten Ansätze gedreht...
Und auf Länge "abgestochen"...

 

 

Nun müssen die Teile von der Welle wieder zentrisch zusammengebracht und das Rad rundgestellt werden...

 

 

 

 

Das Rundstellen des Rades

Es wird Lötzinn in den Butzen gegeben, die Teile in der Drehbank eingespannt...
Und zentrisch zusammen geführt...
Nun wird alles erwärmt, bis das Lötzinn fließt und alles verbindet...
dann lässt man alles auskühlen...
Währens dieser Zeit wird das neue Rad über seinen Außendurchmesser eingespannt und die Bohrung rund gedreht...
Jetzt wird der Butzen abgedreht...
bis das Rad saugend auf seinen Ansatz geht...
 
 
 

 

Jetzt ist die Welle mit dem Butzen wieder ganz und das Rad läuft "rund" (es schlägt nicht über die Höhe). Nun kann es weiter bearbeitet werden:

 

 

 

 

 

Die Radschenkelung

Das alte Rad wird auf dem neuen befestigt und mit der Reißnadel werden die Formen übertragen...
Die Stellen für die Bohrungen werden markiert und angekörnt...
und die Löcher für das Sägeblatt gebohrt...
Das Sägeblatt wird jeweils durch die Bohrungen durchgefädelt...
und die Schenkelung ausgesägt...
Nun werden die Schänkel befeilt...
Und das Rad entgültig entgratet...
 
 
 

 

 

Es fehlt noch der Anlaufstift und dann kann das Rad auf dem Butzen genietet werden...

 

 

 

 

Endspurt

Die Stelle für den Anlaufstift wird auf dem neuen Rad angekörnt...
gebohrt...
Und das Rad auf dem Butez aufgenietet...
Die Bohrung wird mit einer Reibaale konisch auf Maß aufgerieben...
und der Anlaufstift eingeschlagen...
Fertig!!!!
 
 
 
 

 

Es ist vollbracht! Das Werk wird mit dem neuen Anlaufrad montiert und das Zusammenspiel aller Teile neu eingestellt. Nach einigen Tagen Probelauf wird die Uhr in das Gehäuse eingebaut und beim Kunden wieder aufgestellt.

 

 

 

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