Restaurierungsdokumentation von einem Ölbild

Daten:

Gemälde: Öl auf Leinwand 

Inschrift: Carl Simon Jungherr, Eisenach (Rückseite, obere Leiste)     

Maße: Gemälde: 69,0 cm x 54,5 cm (Höhe x Breite)  

Rahmen: 82,5 cm x 68,0 cm, später hinzugefügt 

 

 

Darstellung

 

Halbfigurenportrait des Postinspektors Carl Wilhelm Simon Jungherr, getauft 24.11.1786 in Eisenach, gestorben 10.11.1831, begraben auf dem „Alten Friedhof“ in Eisenach. Er verwaltete die Posthalterei des Hauses Thurn und Taxis in der unteren Georgenstraße in Eisenach. 

 

Dargestellt ist Jungherr im Alter von 35 Jahren. Das Bild wird dominiert von dem markanten Gesicht, das durch blonde Locken und einen langen blonden Backenbart gerahmt wird. Der Kopf ist dem Betrachter zugewandt, während sich sein Oberkörper nach links wegdreht. Er trägt einen dunkel blauen Gehrock, in dessen Revers der weiße Stehkragen seines Hemdes und eine weiße Schleife zu sehen sind. 

 

 

 

Bild 1: Vorderseite, Zustand vor der Restaurierung

 

Auf der linken Bildhälfte ist die mechanische Beschädigung deutlich zu erkennen. Rechts oberhalb des Kopfes zeigt sich ein weißlicher Bereich, der in Folge der konfusen Lichtbrechung an den Blasen entsteht.

 

Künstler

Bei dem Künstler handelt es sich eventuell um Franz Xaver von Meixner, der in Zweibrücken geboren wurde. Ein Vergleich mit dem Stil und der Signatur des Bildnisses vom Zuckerbäcker Steenfatt (1822) aus der Hamburger Kunsthalle könnte dies bestätigen. (Quelle: Thieme Becker) 

 

Bildträger und Fassung

 

Bei dem Bildträger handelt es sich um ein textiles Gewebe, vermutlich aus Leinen, das relativ grob gewebt wurde. Die Grundierung der Leinwand wurde vor dem Aufspannen auf den Keilrahmen ausgeführt, wie die grundierten Spannkanten zeigen. Der Keilrahmen besitzt in den Ecken Verstrebungen, an deren Enden abgerundeten Keile sitzen.

 

 

Bild 2: Zustand vor der Restaurierung

Die Schadstelle wurde mit einem weißen Klebeband gesichert. Eine Inschrift, die mit rotem Buntstift auf der oberen Keilrahmenleiste ausgeführt ist, kann mit bloßem Auge kaum erkannt werden.

 

Schäden und Schadensursachen

Das Gemälde weist ein starkes Craquelé auf. Es hat sich durch die Reaktion der Leinwand auf schwankende Klimaverhältnisse gebildet. Das Craquelé ist eine Alterserscheinung, die typisch für ein Gemälde ist und nicht behoben wird. Die Leinwand ist nicht gespannt, was auf das Fehlen von Keilen zurückzuführen ist. 

 

Die gesamte Bildoberfläche wird von einem leichten Staub und Schmutzfilm überzogen. Hinter der unteren Keilrahmenleiste befindet sich grober Dreck, der die Leinwand nach vorne ausbeult. 

 

Auffällig ist im oberen Viertel des Gemäldes eine starke Blasenbildung (siehe Bild 3). Die gleichmäßige Anordnung der Blasen und das Fehlen von verbrannten Stellen lassen vermuten, dass es sich hierbei nicht um einen Schaden in Folge von Hitzeeinwirkung handeln kann. Wahrscheinlicher ist ein Fehler im Fassungsaufbau. Es handelt sich um eine vorgrundierte Leinwand, die evtl. sogar industriell gefertigt worden ist.

 

Auf die vorgegebenen Eigenschaften des Grundes muß der Künstler sein Bindemittel abstimmen. Das ist nicht optimal geschehen. Die Farbschicht hat keinen Halt auf der Grundierung und hebt sich blasenförmig oder platzt ab. Das stumpfe Aussehen der dunkel blauen Bekleidung und die empfindliche Reaktion der Farbe läßt ebenfalls auf einen Fehler in der Maltechnik vermuten. Hier wurde dem Pigment wahrscheinlich zu wenig Bindemittel beigemengt.

 

Bild 3: Im ganzen Bildbereich finden sich kleine Blasen, besonders häufig sind sie im oberen Bildviertel.

 

In der linken Bildhälfte auf der Mittelachse befindet sich eine mechanische Beschädigung (siehe Foto 4) mit einem Durchmesser von ca. 2,0 cm. Diese wurde von hinten mit weißem Klebeband gesichert. Auf der Vorderseite fällt sie durch eine dicke Lage Ölfarbe auf, mit der gekittet und gleichzeitig retuschiert wurde.

 

 

Bild 4: Die Schadstelle wurde mit einer dicken Lage aus Ölfarbe großflächig übermalt.

Durchgeführte konservatorische und restauratorische Maßnahmen

 

Die drei fehlenden Keile wurden nachgefertigt und ergänzt, so daß die Leinwand wieder gespannt werden konnte. 

 

Der komplette Bildrückraum wurde trocken gereinigt. Die Gemäldeoberfläche wurde mit einem Tensid gereinigt und mit destilliertem Wasser nachgereinigt. 

 

Die Blasen wurden mit einem Heizstrahler erwärmt und mit einem Spachtel leicht zurückgedrückt, so dass sie wieder Halt finden und vor mechanischen Beschädigungen geschützt sind. 

 

Die Beschädigung wurde von dem rückseitigem Klebeband befreit. Da die Fäden der Leinwand nicht zerstört waren, mußten sie nur in ihre ursprüngliche Lage zurückgerückt werden. Die Retusche auf der Vorderseite wurde mit Ethanol bis auf die Leinwand abgenommen. Danach wurde eine Kittung mit einem Leim-Kreidegemisch ausgeführt.

 

Die Vorretusche erfolgte in Aquarell. Über das gesamte Bild wurde ein Zwischenfirnis aus Dammar in Terpentin gelegt. Die Endretusche erfolgte in gemagerten Öl-Harzfarben. Danach wurde ein Schlußfirnis mit Dammar, dem Wachszusätze beigegeben worden sind, aufgetragen. Damit wird ein gleichmäßiger seidenmatter Glanz erreicht, der die Blasen optisch zurüchtreten läßt. 

 

 

Präventive Maßnahmen

 

Das Portrait sollte nur mit einem weichen Pinsel entstaubt werden, da eine Reinigung mit einem Tuch die Blasen von der Grundierung reißen würde. Desweiteren benötigt es einen Ort mit Klimaverhältnissen, deren Schwankungen nicht abrupt erfolgen. Beleuchtungen sollten so angebracht sein, daß das Bild nicht erwärmt wird.

 

 

Bild 5: Vorderseite, Zustand nach der Restaurierung
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